Das Igeljahr
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Heimische Igel brauchen Hilfe rund ums Jahr
Fehlende Unterschlupfmöglichkeiten und Nahrung machen vielen heimischen Wildtieren zu schaffen, auch dem Igel. Die stacheligen Sympathieträger brauchen nicht nur im Spätherbst Hilfe, sondern je nach Region und Wetter unter Umständen ganzjährig. Vor allem aber während ihrer Hauptaktivitätszeit von April bis Oktober.
Folgende Informationen sollen helfen, den Igel übers Jahr zu begleiten.
Oktober/November bis März/April
Winterschlaf; der Stoffwechsel der Winterschläfer arbeitet bei 4 Grad Körpertemperatur, 20 Herzschlägen und 5 Atemzügen pro Minute auf Sparflamme. Während des Winterschlafs verlieren die Tiere 20 bis 40 Prozent ihres Körpergewichts.
Apropos Winter: Besonders energiezehrend sind nicht die „richtigen“ Winter, sondern jene mit vielen Warmphasen, wie wir sie in den letzten Jahren häufiger erlebt haben. Ihren Winterschlaf treten Igel erst dann an, wenn die Bodentemperatur langfristig um den Gefrierpunkt liegt. Bleibt es zu warm oder wird es immer wieder sehr warm, sieht man Igel auch im Winter auf Futtersuche.
März
Je nach Temperaturen erwachen die ersten Igel aus dem Winterschlaf (meist zu kleine Jungtiere und schwache). Da die Natur noch sehr wenig hergibt, ist die Zufütterung jetzt wichtig. Wir empfehlen in erster Linie hochwertiges Katzentrockenfutter und Katzennassfutter ohne Getreide, ohne Gelee und Soße. Des Weiteren empfiehlt sich zur Fütterung ungewürztes, leicht schlabberig in Maiskeimöl gebratenes Rührei. Dazu immer frisches Wasser anbieten, niemals Milch!
Sollten nachts noch Minusgrade herrschen, noch kein Nassfutter rausstellen, nur Trockenfutter und Wasser.
April
Die meisten Igel erwachen jetzt. Nur wohlgenährte Altigel schlafen oft gerne noch bis in den Mai hinein. Die Zufütterung ist jetzt besonders wichtig, da die Natur heutzutage durch das Insektensterben nicht genug Nahrung bietet und aus diesem Grund die meisten Igel mit zu wenig Gewicht schlafen gegangen sind. Gibt es im April kalte Tage, ist es durchaus möglich, dass die Igel wieder einige Tage in eine Art Dämmerschlaf gehen, nachdem sie etwas Nahrung aufgenommen haben.
Mai
Im Mai sollten auch die letzten Winterschläfer aufwachen. Zur Zufütterung bietet sich im Garten ein Labyrinth-Futterhaus an. Der Labyrintheingang verhindert, dass Katzen den Igeln das Futter stehlen. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, eine Ratten-Schwingklappe in den Eingang zu hängen, damit hat man das Rattenproblem zu 95% gelöst, da Ratten nicht durch frei schwingende Gegenstände gehen. Das Futterhaus hat idealerweise zwei Eingänge, damit sich Kontrahenten aus dem Weg gehen können.
Die Paarungszeit beginnt (Mai bis September).
Juni
Im Juni sind alle Winterschläfer aufgewacht und nicht mehr auf ihr aufwändig gebautes Winterschlafnest angewiesen und Igelinnen haben noch kein aufwändiges Geburtsnest gebaut. Deshalb ist Juni der einzige Monat im Jahr, in dem man, ohne Schaden anzurichten, Gartenarbeiten wie Holzstapel umschichten, Laub- und Gestrüpphaufen entfernen usw. vornehmen kann. Natürlich mit viel Sorgfalt, denn überall könnte ein Igel schlafen, da sie nachtaktiv sind.
Die Paarungszeit ist voll im Gange. Jetzt hört man ab Beginn der Dämmerung bis in den Morgen hinein oft das sogenannte „Igelkarussel“. In kreisenden Bewegungen mit teilweise laut schnaufenden Geräuschen bewegt sich das Männchen um das Weibchen herum, das ihn erst eine ganze Zeitlang abwehrt. Die Männchen legen in dieser Zeit auf der Suche nach Weibchen oft weite Strecken zurück.
Juli
Igel sind nachtaktiv, wer tagsüber einen Igel sieht, bitte umgehend sichern und mit einer Igelstation Kontakt aufnehmen! Sind ausgewachsene Igel während des Tages aktiv, sind sie immer (!) hilfsbedürftig. Hierbei ist Eile geboten, da die Fliegen die geschwächten und oft auch verletzten Tiere wittern und ihre Eier darauf ablegen. Die innerhalb von 24 Stunden schlüpfenden Maden kriechen sofort in sämtliche Körperöffnungen ihres Wirtes.
Ein Wettlauf mit dem Tod beginnt, ansonsten ist der Igel nach spätestens 72 Stunden tot.
Bei Aufnahme bitte unbedingt nach einem Nest mit eventuellen Säuglingen Ausschau halten. Für einen Laien sind Männchen und Weibchen nicht immer leicht zu unterscheiden.
Wasser
Ganz wichtig in der warmen, trockenen Zeit ist das stetige Angebot an frischem Wasser! Sowohl nachts für die Igel als auch tagsüber für die Insekten, welche die natürliche Nahrung der Igel sind.
August
Auch wenn die Paarungszeit noch andauert, kommen in diesem Monat die meisten Igelbabys nach 5-6 Wochen Tragzeit zur Welt. Ein Wurf beträgt 2-10 (durchschnittlich 5-6) Junge. Sie sind weiß bestachelt, haben eine rosa Haut und wiegen 12-20 Gramm. Die Augen öffnen sie mit 14 Tagen, werden bis 6 Wochen gesäugt und verlassen mit 3 Wochen gelegentlich im kleinen Radius aus Neugier das Nest, oft der Mutter hinterher.
Etwa 3 Wochen lang begleitet die Mutter ihren Nachwuchs und zeigt ihnen alles, was sie brauchen. In dieser Zeit kommt es gelegentlich auch tagsüber mal vor, dass man ein Jungtier sieht, dann bitte nicht sofort sichern, sondern abwarten, ob Mutter und Geschwister auftauchen. Ist das nicht der Fall und nach 2 Stunden irrt das Jungtier immer noch umher, ist Eile geboten, dann bitte unbedingt auch nach dem Nest suchen.
Zufütterung ist hier besonders wichtig, sowohl für die säugende Mama als auch für die flügge gewordenen Kinder. Nassfutter aber bitte erst nach Einbruch der Dämmerung anbieten und die Reste morgens reinholen! Es werden sonst tagsüber Fliegen angelockt, die flügge gewordenen Jungtieren und hilfsbedürftigen Tieren zum Verhängnis werden.
September
Noch immer ist Nachwuchs unterwegs.
Ab September sollten Laubhaufen, mit Reisig unterfüttert, unbedingt in den Gärten an geschützten Stellen oder in den Beeten liegen bleiben, damit Ort und Material für die Winterschlafnester zur Verfügung stehen. Zudem kann man die im Handel erhältlichen Igelhäuser aufstellen, die mit etwas Stroh gefüllt oft gerne als Schlafquartiere angenommen werden, umso größer ist die Chance, dass sich Igel dort einnisten.
Oktober
Vor allem die Jungigel müssen sich jetzt tüchtig Speck anfuttern, um es bis zum Winterschlaf auf möglichst 600 Gramm Gewicht zu schaffen.
Dies ist in der heutigen Zeit oft nur noch mit Zufütterung zu erreichen. Gartenbesitzer können aber zudem noch helfen, indem sie ihren Garten naturnah mit heimischen Pflanzen gestalten, auf Gifte verzichten, Laub- und Reisighaufen liegen lassen, Kellerschächte sichern, Gartenteiche mit Ausstiegsrampen versehen, Durchschlupflöcher in Gartenzäunen lassen, gelbe Säcke erhöht aufbewahren, auf Rasentrimmer und Mähroboter verzichten und stets umsichtig bei der Gartenarbeit sind.
Die Altigel-Männchen bauen sich ihr Winterschlafnest und gehen im Oktober als erstes in den Winterschlaf.
November
Inzwischen haben auch die Igelweibchen ihr Schlafnest gebaut. Dies ist ein aufwändiges Kunstwerk. Unter stützendem Strauchwerk wird viel Laub und Moos hineingetragen, immer und immer wieder, was dann durch Drehbewegungen innerhalb des Haufens verdichtet wird. Somit entsteht ein absolut regendichtes Schlafhaus, in dem sie mehrere Monate geschützt ihren Winterschlaf verbringen können. Diese Arbeit ist kräfteraubend und langwierig und somit versteht es sich von selbst, dass der Igel bei Zerstörung seines Schafnestes im Winter kaum mehr eine Möglichkeit hat, sich ein neues zu bauen. Diese Igel fallen im Winter dann oft durch Tagaktivität auf und ihnen muss durch Aufnahme und geschützte Überwinterung geholfen werden.
Als letztes gehen nun auch die Igelkinder schlafen, die sich hoffentlich ein Polster von etwa 600 Gramm angefuttert haben. In der Regel überlässt die Mutter ihren Kindern das Geburtsnest und einige nehmen es dankend an, andere sind so geschickt, dass sie in der Lage sind, sich ihren eigenen Unterschlupf zu bauen.
Der November ist der Monat, in dem die meisten Jungigel in den Igelstationen aufgenommen werden, weil sie nicht annähernd ein Gewicht erreicht haben, mit dem sie den Winterschlaf überleben könnten. Dies liegt in erster Linie an der Nahrungsknappheit und an Krankheiten wie Endoparasiten, die zum Großteil aber auch eine Folgeerscheinung der Nahrungsknappheit sind. Bei der Igelaufnahme im November ist es wichtig, dass der Igel erst auf einer handwarmen Wärmflasche behutsam gewärmt wird, bevor man ihm Nahrung anbietet.
Wiegt der Igel weniger als 200 Gramm, benötigt er zusätzlich noch eine spezielle Aufzuchtmilch, die mit Fencheltee angerührt wird. Alternativ kann man als Erstversorger auch einfachen, ungesüßten Fencheltee anbieten und somit die Zeit bis zur fachgerechten Versorgung überbrücken.
Igelbabys unter 100 Gramm benötigen sofort professionelle Hilfe, da ein zu säugender Igel maximal 6 Stunden ohne Nahrung sein darf.
Bei einem Jungigel-Fund mit zu geringem Gewicht sind übrigens fast immer Geschwister in der Nähe, die dann alle mit aufgenommen werden sollten, also möglichst noch einige Tage an der Fundstelle weiterhin Ausschau halten!
Die aufgenommenen Igel müssen fast alle behandelt werden, daher ist bei privater Aufnahme unbedingt der Kontakt zu einer Igelstation ratsam, denn die wissen am besten, was wirklich zu tun ist. Dies gilt auch für den Einsatz von Entflohungs- und Entwurmungsmitteln.
Dezember
Im Dezember sollten alle Igel ihren Winterschlaf angetreten haben. Wer jetzt noch gesichtet wird, benötigt Hilfe. Oft sieht man diese Igel unter Vogelfutterhäuschen, die verzweifelt die heruntergefallenen Körner fressen. Die Nahrung können Igel allerdings nicht verwerten.